Samstag, 18. Mai 2013

Poor Kenny, offensive Cartman. Die zweischneidige Gesellschaftskritik bei South Park

Kaum eine Folge der Animationsserie South Park (Comedy Central) kommt ohne einen Verweis auf Rassismus, Armut, Homophobie oder Antisemitismus aus. Doch die Darstellung dieser Gewaltverhältnisse lässt weit auseinander gehende Lesarten zu. Zentrale Themen der von Trey Parker und Matt Stone entwickelten Serie sind die satirische Auseinandersetzung mit den politischen Verhältnisse in den USA und verschiedensten Produkten der Kulturindustrie, seien es Filme, Fernsehserien oder Videospiele. Auch ihr eigenes künstlerisches Schaffen wird von Stone und Parker auf ästhetischer Ebene hinterfragt.

In diesem Artikel möchte ich primär auf zwei Figuren eingehen. Da wäre zunächst der geldgierige und von seiner allein erziehenden Mutter verwöhnte Eric Theodore Cartman. Er ist offener Antisemit, gibt oftmals den Schurken und wird in einigen Folgen gar zum Nazi. Eine von Cartman stark abweichende Figur ist Kenneth McCormik, von FreundInnen und Eltern Kenny genannt. In den frühen South Park-Folgen muss er fast in jeder Episode sterben, weshalb er - neben Cartman - die mit Abstand bekannteste South Park-Figur ist. Kennys häufiger Tod kann neben seiner Funktion als Running Gag als kritischer Verweis auf die ärmlichen Verhältnisse gesehen werden, in denen er aufwachsen muss.[1] Genauso lässt er sich aber als zynische Geste verstehen. Denn fast immer ist Kennys Tod ein Witz.

Während Kyle von Cartman regelmäßig antisemitisch attackiert wird, muss sich Kenny mit Anfeindungen aufgrund seiner Armut auseinandersetzen. Zum Verhältnis der vier Hauptfiguren zueinander muss gesagt werden, dass eigentlich nur bei Kyle und Stan von einer engeren Freundschaft gesprochen werden kann. Obwohl Cartman immer wieder versucht sich aufzudrängen, wird er von den beiden eher geduldet als gemocht. Kenny befindet sich aufgrund der sozialen Barrieren ebenfalls an der Peripherie der Gruppe. Während Kennys Tode für Lacher sorgen, bietet Cartman dem Publikum Identifikationspotential. In nicht wenigen Fan-Foren finden sich antisemitische, sexistische oder rassistische Cartman-Zitate, die dort affirmativ zum Besten gegeben werden.

Schlaglichter auf die gesellschaftlichen Verhältnisse

South Park bricht punktuell aus der kulturindustriellen Norm aus. In den wenigen Momenten dieses Ausbruchs wirft die Serie Schlaglichter auf die gesellschaftlichen Verhältnisse. Jaschar Randjbar fasst diesen Umstand in einem Artikel über South Park treffend zusammen:
"Rassismus, Antisemitismus und Sexismus sind grundlegende Bestandteile einer Gesellschaft, die durch Kapital, Staat und Nation formiert wird. In der ungenierten Darstellung werden sie der Lächerlichkeit preisgegeben. Dies nicht zu tun, hieße sich der Realität zu verweigern. Ob das vom Publikum so verstanden wird, ist eine andere Frage. (...) So notwendig eine Kritik liberaler Toleranzvorstellungen, die damit dieselben Trennlinien und Hierarchien reproduzieren, die Toleranz erst nötig machen, ist – so groß ist auch die Gefahr, dass das Aufzeigen dieses Widerspruchs zur Legitimation und Konservierung des unverkleideten Ist-Zustands herangezogen wird."[2]
Doch es ist nicht nur die ambivalente Rezeption von South Park, die Probleme bereitet. In der Serie selbst sind unterschiedliche, sich mitunter widersprechende, Rezeptionsmöglichkeiten angelegt. Der Widerspruch zwischen offensiver Kritik an unterschiedlichen Herrschafts- und Gewaltverhältnissen und der Konsumierbarmachung der selben bleibt. Die Darstellung von Sexismus, Rassismus und Homophobie in South Park wird von der überwiegenden Mehrheit der SeherInnen wohl nur bedingt als Kritik an den Verhältnissen gelesen, sondern nicht selten als vermeintlich witzige Referenz in den Alltag übernommen.

Fußnoten:
[1] Die Interpretation von Kennys häufigem Tod als Gesellschaftskritik, wird auch von Aussagen der South Park-Erfinder Trey Parker und Matt Stone gestützt. Vgl. dazu Ludwig, Lisa, "South Park – Zwischen Genie und Wahnsinn", Welt Online, 14. November 2007.
[2] Randjbar, Jaschar, "Don't shoot I want to negotiate. Southpark: Der Aufklärung verpflichtet?", groovy. Zeitung der fv hus, 17, 2004, S. 29

Siehe auch:
South Park und der Anti-PC-Diskurs im deutschsprachigen Raum
South Park und Antisemitismus

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