Dienstag, 10. Juli 2012

The IT Crowd, "The Work Outing" [Staffel 2, Folge 1]

Die Sitcom The IT Crowd (Channel 4) scheitert im Spiel mit homophoben Klischees.

Die von Katherine Parkinson gespielte Jen Barber glaubt, sie hat ein Date. Arbeitskollege Phillip aus dem sechsten Stock (Jamie Michie) war zuvor im Kellerbüro der IT Abteilung, um sich das Heat Magazine auszuborgen und hat sie im Zuge dessen ins Theater eingeladen. Allerdings haben sich auch Moss (Richard Ayoade) und Roy (Chris O'Dowd) in die Einladung hinein reklamiert. Nachdem der Arbeitskollege gegangen war, warf Jen Moss und Roy vor, dass sie ihr Date durch ihre Anwesenheit ruinieren würden. Die beiden bestreiten jedoch, dass es sich überhaupt um ein Date handelt. Denn Phillip sei schwul, was man daran erkenne, dass er sich das Heat Magazin ausleihen wollte.

Im Verlauf des gemeinsamen Theaterbesuches versucht Jen Indizien für die Heterosexualität von Phillip zu finden. Doch es läuft nicht in ihrem Interesse. Das Musical, zu dem er sie eingeladen hatte, trägt den vielsagenden Titel "Gay. A Gay Musical", was von Roy mit der rhetorischen Frage, ob nicht alle Musicals schwul seien, quittiert wird. Nachdem Phillip einer Frau hinterher blickt, ist Jen erleichtert: "He's just an ordinary ignorant man." Doch die Ernüchterung folgt wenig später, als Phillip einen Freund allzu überschwänglich begrüßt. In der Theaterpause zweifelt auch Jen allmählich an der Heterosexualität ihres "Dates". All zu viele vermeintliche Indizien sprechen dagegen.

Nach Ende der Vorstellung fragt Phillip Jen, wie ihr das Musical gefallen hat. Jen antwortet taktisch, sie vermute man müsse schwul sein, damit einem das Musical gefällt. Es entspinnt sich ein Dialog, der Jen und die ZuschauerInnen weiter im Unklaren lässt. Beim Abschied auf der Straße erwartet sie sich einen Kuss. Als dieser ausbleibt, stellt sie Phillip zur Rede: "Are you a gay man?" Phillip fragt, wie Jen auf so eine Idee komme. Jen antwortet, er habe sie zu einem schwulen Musical eingeladen, die meisten seiner Freunde seien schwul und er habe während des Musicals über jede schwule Andeutung wie ein Idiot gelacht. Phillip argumentiert, dass man deshalb nicht selbst schwul sein müsse und wirft Jen aufgrund ihrer Aufzählung implizit Homophobie vor. Als sie auf das Heat Magazin zu sprechen kommt, räumt Phillip unter Tränen ein, er sei wirklich schwul. Er hätte versucht es zu unterdrücken. Ausgegangen mit ihr sei er, weil sie ein bisschen wie ein Mann aussehe.

Der überzeichnende und oft ins Surreale kippende Humor von Graham Linehan, dem Entwickler und Drehbuchautor von The IT Crowd, macht es RezipientInnen nicht unbedingt leicht. Es werden mehrere Lesarten angeboten – eine zufriedenstellende Auflösung jenseits des Absurden bleibt für gewöhnlich aus. Auf der Meta-Ebene macht sich Linehan über homophobe Klischees und die unsicheren Reaktionen auf das Gefühl des angegriffen seins lustig, das männliche Homosexualität bei Hetero-Männer wie Moss und insbesondere Roy auslöst. Interessanterweise steht Moss dem Musical nur zu Beginn skeptisch gegenüber. Allerdings nicht wegen der Thematik an sich, sondern weil es in den 1980er Jahren spielt. Später lässt er sich regelrecht mitreißen und findet das Musical großartig. Damit webt Linehan eine Gegenposition zu Roy in den Plot ein, was eine Deutung der Folge zusätzlich erschwert. Auf Ebene der unmittelbaren Erzählung der Folge, werden die Klischees jedoch bestätigt. Phillip ist letztlich wirklich schwul und mit Jen nur ausgegangen, weil sie ein bisschen wie ein Mann aussieht. Moss und Roy haben genau das schon zu Beginn der Folge gesagt und auch ihre Einschätzung über die männliche Heat Leserschaft hat sich bestätigt. So versichert sich letztlich Heterosexualität seiner Selbst und konstruiert eine allzu klare Abgrenzung. "Wer schwul ist, das erkennen wir sofort", scheint die vordergründige Botschaft der Folge zu sein.

Siehe auch:
Are We Not Men? - "The IT Crowd" aus einer genderkritischen Perspektive

Link:
"The Work Outing" im The IT Crowd Wiki.


1 Kommentar:

  1. Ich teile diese Interpretation so nicht. Als ich die Folge das erste Mal sah, also noch nicht wusste, wie es ausgeht mit Jen und Phillip, war mir eigentlich die ganze Zeit klar, dass Roy der übliche Chauvi ist, Moss ein bischen kindlich naiv und leicht begeisterungsfähig und Jen steigert sich, wie schon zu anderen Gelegenheiten, in einen fixen Gedanken hinein, dessen Keim am Anfang von Roy und Moss gelegt wurde (auch schön in einer Folge, wo die beiden ihren aktuellen Verehrer als "Magier" bezeichnen - weil er doch wie einer aussähe). Wie es ausgeht war eigentlich vorhersehbar: Jen bekommt die fixe Idee nicht aus dem Kopf und setzt Phillip so lange zu, bis sich schließlich final herausstellt, dass er natürlich nicht schwul ist, aber erst wenn er sich enttäuscht von ihr abwendet. Dass er dann TATSÄCHLICH schwul ist, ist unerwartet und darum ist es sehr komisch, als er sich an ihrer Schulter ausweint und noch einen draufsetzt "...weil du ein bischen wie ein Mann aus siehst". Jens Blick dabei - ich hab Tränen gelacht :)
    Obige Botschaft konnte ich so nicht erkennen und ich muss dazu sagen, ich bin empflindlich bei sowas und toleriere schlechte Klischees oder gar Feindlichkeit gegen alternative Lebensstile in keiner Form. Ich würde im Gegenteil das Ende der Geschichte von Jen und Phillip eher so interpretieren, das man es ebend grade NICHT einfach so erkennt, ob einer schwul ist oder nicht, denn das Jen tatsächlich richtig lag, war mir als Zuschauer nicht klar. Ich dachte sie baut Mist, wie so oft :)

    Gruß,
    Ludwig

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