Mittwoch, 29. Februar 2012

Roland Düringer im Club 2: Der Dritte Weltkrieg

ACTA, Geschwindigkeitsbeschränkungen, Gurtpflicht oder Rauchverbote in Lokalen seien Teil einer nicht näher genannten Verschwörung, suggeriert Roland Düringer im Club 2 (ORF 2). "Warum tut man das?" fragt er sich selbst und liefert die Antwort gleich mit: "Weil man weiß, dass da etwas auf uns zukommt." Die Staaten und die Konzerne, "oder sind es nur fünf Familien, die die ganze Welt steuern", würden aufrüsten, warnt der Kabarettist das TV-Publikum.

Von Moderator Michael Köhlmeier auf seine apokalyptischen Phantasien angesprochen, lässt sich Düringer zu einer mutigen Prognose verleiten, die ich an dieser Stelle vollständig wiedergeben möchte:
"Wir haben auf der einen Seite die Möglichkeit, dass genau nichts passiert. Dass alles so weiter läuft wie es weiter läuft, dass immer mehr Geld gedruckt wird und dass die Menschen langsam immer mehr verarmen und es nicht merken. Dass dann in drei Jahren die Mittelschicht nur mehr 1200 Euro hat laut Statistik – Statistik is für mi gor nix. Die andere Variante auf der anderen Seit ist, dass es einen dritten Weltkrieg gibt. Das ist das allerschlimmste. Also wann jetzt die Wahnsinnigen durchdrehen und mit dem Iran einen Krieg anfangen, die Chinesen helfen vielleicht mit, da Russ[1] mischt sich auch noch ein, die Nato auch noch, dann schepperts einmal in Asien. Ja? Und dann dauert's nicht lange bis wir auch hier in Europa totalitäre Systeme haben, weil die Menschen Angst haben. Ja? Und das kann auch passieren. Und dazwischen ist sehr viel möglich."
Es gibt also im Wesentlichen zwei Möglichkeiten und diverse Misch-Formen. Entweder es kommt zu einer langsamen Verarmung, die niemand mitbekommt oder - am anderen Ende der Skala - Israel stürzt die Menschheit in einen Dritten Weltkrieg, in dessen Verlauf in Europa der Totalitarismus einen Siegeszug antritt. Spätestens an diesem Punkt drängt sich der Vergleich mit dem ebenfalls im Umfeld der Occupy-Bewegung auftretenden deutschen Kabarettist Georg Schramm auf.

Ist der Antisemitismus bei Schramm primär strukturell, ist er bei Düringer auf den ersten Blick zwar sprachlich verschleiert, bei genauerer Betrachtung aber umso manifester. Die Verantwortung für Krieg und Frieden im Nahen Osten sieht er ausschließlich bei Israel. Mit dieser Meinung ist er übrigens nicht allein. 69 Prozent ÖsterreichInnen gaben bei einer Eurobarometer-Umfrage an, dass Israel ihrer Meinung nach die größte "Gefahr für den Frieden in der Welt" sei.

In einem Land wie Österreich, von dem bereits zwei Weltkriege ausgingen und die jüdische Bevölkerung unter überdurchschnittlicher Beteiligung von ÖsterreicherInnen einer industriell organisierten Massenvernichtung zugeführt wurde, glaubt man also nach wie vor mehrheitlich an die Stürmer-Parole "Die Juden sind unser Unglück". Während der - von einem an der Vernichtung Israels arbeitenden Holocaustleugner regierte - Iran zum Opfer stilisiert wird, meinen mehr als zwei Drittel der ÖsterreicherInnen Israel, der Staat der Shoa-Überlebenden, sei der eigentliche Aggressor.

Auf diesen Zug springt Düringer auf, ohne Israel direkt zu nennen. Doch seine auf die Dechiffrierung antisemitischer Codes konditionierten österreichischen Fans wissen was gemeint ist.

Roland Düringer im Club 2: Prolog
Roland Düringer im Club 2: Alle Parteien sind gleich - nur die FPÖ ist links
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Roland Düringer im Club 2: Die regressive "Utopie"

Anmerkung:
[1] Diese Wortwahl Düringers, von "dem Russen" in Einzahl zu sprechen, obwohl er Russland als Staat meint, ist bezeichnend. Die Einzahl homogenisiert Millionen Menschen und ist gewissermaßen die grammatikalische Version kollektiver rassistischer Herabwürdigung (die nicht zufällig während des Nationalsozialismus Hochkonjunktur hatte). Vgl. u.a. Pierre Aycoberry, "Der Bolschewik", in: Deutsche Erinnerungsorte. Band 1, S. 456.


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